Schwindeldiagnostik

Vestibulärer Schwindel bzw. Schwindel im Rahmen von Ohrenerkrankungen

Die Gleichgewichtsorgane befinden sich im Innenohr. Demzufolge können Erkrankungen des Innenohrs Schwindel auslösen: z. B.

  • Menièrsche Erkrankung
  • Neuropathia vestibularis (plötzlicher Ausfall des Gleichgewichtsorgans)
  • Benigner (gutartiger) paroxysmaler Lagerungsschwindel
  • Innenohrbeteiligung bei Mittelohrentzündungen,
  • Felsenbeinbruch mit Schädigung des Innenohres
  • Akustikusneurinom (gutartiger Tumor des Gleichgewichtsnervs)

Das Gleichgewichtsorgan ist im Innenohr bzw. Labyrinth eingebettet und hat seinen Sitz im Vorhof des Labyrinths sowie in den Bogengängen. In jedem Ohr finden sich fünf Meßstellen für die Gleichgewichtsempfindung: Je zwei Maculae, die im Vorhof sitzen und für die Messung linearer Beschleunigungen (Erdanziehung, Beschleunigung z. B. im Auto) zuständig sind sowie drei Cupulae, die in den Bogengangsampullen sitzen und für die Messung von Drehbewegungen sorgen.

Findet in diesem Bereich durch eine der oben genannten Erkrankungen eine Störung statt, so kann in einem Teil dieser Meßstellen keine korrekte Gleichgewichtsmessung mehr vorgenommen werden. Dies bedeutet, dass das Kleinhirn, in dem diese Messungen verarbeitet werden, eine unvollständige Information über den Gleichgewichtszustand des Körpers erhält. Das Kleinhirn reagiert darauf mit einer Störung, die meist als Dreh- oder Schwankschwindel empfunden wird und Übelkeit mit Erbrechen auslösen kann. Um der scheinbaren Drehung entgegen zu wirken, werden vom Kleinhirn gegensinnige Augenbewegungen ausgelöst, die als sogenannter Nystagmus erkennbar sind. Mit Hilfe dieser Augenbewegung gelingt es, einiges über die Stärke und den Ursprung der Gleichgewichtsstörung auszusagen. Die Augenbewegungen werden unter einer Frenzel-Brille, die die Augen stark vergrößert, beobachtet.

Die Hirnstrukturen verfügen über Mechanismen, die den Schwindel unterdrücken, das heißt, das Kleinhirn lernt, für die Gleichgewichtsempfindung nur auf Informationen zurückzugreifen, die korrekt sind, die Informationen aus dem kranken Ohr werden nicht berücksichtigt. Dieser Lernvorgang kann durch ein Gleichgewichtstraining unterstützt werden, wobei bereits Bewegungen des täglichen Lebens eine ausreichende Trainingsfunktion haben können

Letztlich bedeutet dies, dass man sich bei einem Schwindel nicht schonen soll, sondern dass körperliche Aktivitäten das allmähliche Verschwinden des Schwindels unterstützen. Dieser Vorgang kann in Abhängigkeit vom Alter Tage bis Monate dauern. Solch einen Vorgang nennt man Habituation, er stellt eine zentrale Kompensation der Gleichgewichtsstörung dar.

Medikamente, die den Schwindel unterdrücken, sind daher eher hinderlich, da sie dämpfende und beruhigende Wirkungen haben und somit auch der oben beschriebenen Trainingssituation entgegenwirken. Dämpfende, den Schwindel unterdrückende Medikamente sollten daher so sparsam wie möglich eingesetzt werden. Lediglich bei starker Übelkeit mit Erbrechen sind sie sinnvoll, um die akuten Beschwerden in der ersten Woche zu überbrücken

Die Basisuntersuchungen in der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde umfassen in der Regel: Tonschwellenaudiometrie, Impedanzaudiometrie, Vestibularisprüfung einschließlich Lagerungsprüfung und kalorischer Prüfung.

Evt. notwendig sind otoakustische Emissionen, Hirnstammaudiometrie (Bera), Kernspintomographie (MRT) des Schädels und  serologische Untersuchung zum Nachweis von Infektions- und Viruserkrankungen.